UNESCO-Weltkulturerbe in Kanada
UNESCO-Weltkulturerbe in Kanada. Überblick
Das UNESCO-Weltkulturerbe in Kanada umfasst zehn Welterbestätten (Stand 2022):
- Zum UNESCO-Weltkulturerbe in Kanada zählen neun Stätten.
- Eine Stätte zählt zum gemischten UNESCO-Welterbe in Kanada (Weltnaturerbe und Weltkulturerbe).
UNESCO-Weltkulturerbe in Kanada (Liste)
Jedes UNESCO-Weltkulturerbe muss mindestens eines von sechs Kriterien erfüllen. In der Weltkulturerbe-Liste sind die Stätten chronologisch aufgeführt. Die Unterstreichung bei der Gebietsangabe gibt den Status an: Kanada besteht aus (selbständigen) Provinzen und (nicht-selbständigen) Territorien.
Historische Nationalstätte L’Anse aux Meadows
L’Anse aux Meadows (eng.-frz.:“Wiesenbucht“) liegt an Nordspitze Neufundlands. Es handelt sich um die älteste europäische Siedlung auf amerikanischem Boden. Isländer*innen gründeten um 1020, – fast 500 Jahre vor Kolumbus -, eine kleine Siedlung (8 Grasssodenhäuser), die maximal wohl für ein Jahrhundert existierte.
Auf dem umzäunten Gelände von L’Anse aux Meadows stehen drei rekonstruierte Häuser; ein Besuchszentrum befindet sich in der Nähe. Die Bucht heißt heute „Sacred Bay“.
Im 11. Jh. war das Klima in L’Anse aux Meadows günstiger (wärmer), die Umgebung war bewaldet; der deutsche Chronist Adam von Bremen berichtet 1076 sogar, dass in der Region („Winland“) wilder Wein wachse. Das 4. Kapitel (Link) seiner Gesta „Hammaburgensis ecclesiae pontificum“ gilt als älteste europäische Beschreibung Nordamerikas. Webseite: http://www.pc.gc.ca/eng/lhn-nhs/nl/meadows/index.aspx
- Provinz/Territorium: Neufundland und Labrador
- Jahr: 1978
- Nr.: 4 (http://whc.unesco.org/en/list/4)
- Kriterien: vi
SG̱aang Gwaii
SGaang Gwaii (Anthony Island) ist eine Insel im Süden des Haida Gwaii Archipels (10.180 km²; 4.800 Einw.), das im Pazifik vor der Westküste Kanadas liegt.
Auf SGaang Gwaii befinden sich die Überreste des Dorfes SG̱ang Gwaay Llnaagay (englisch: Ninstints), z. B. Totempfähle und Ruinen der Langhäuser. Bis zur Pockenepidemie 1862 lebten dort rund 2.000 Jahre lang Angehörige der Haida. Die Überlebenden zogen nach Skidegate (siehe Foto links) auf der größeren Nachbarinsel Graham Island.
In Hlk’yah G̱awG̱a/Windy Bay protestierten die Haida in den 80ern gegen die Abholzung. 1987 entwarf Gary Edenshaw dort „Umherschauendes und blinzelndes Haus“, ein traditionelles Langhaus (siehe Foto ganz oben und auf dem Foto links das Haus links des Totempfahls). 2013 wurde erstmals seit Jahrzehnten wieder ein Totempfahl errichtet (Schnitzer: Jaalen Edenshaw).
Die Haida sind mit anderen Küstenindianern bekannt für das „Fest des Schenkens“, den Potlach, den der deutsch-amerikanische Völkerkundler Franz Boas (1858-1942) erforschte. Zu seltenen Anlässen, z. B. der Errichtung eines Totempfahls, wurden die Gäste je nach Rang mit Geschenken überhäuft. Auf das Potlach-Verbot von 1884 bis 1951 reagierten einige Haida mit einer Verschiebung auf die Weihnachtszeit, getarnt als Bescherung. Weniger bekannt ist die Bedeutung der durch Malerei oder Schnitzerei kulturell modifizierten Bäume (Wiki). Deren Erforschung hat inzwischen weltweit ähnliche Untersuchungen inspiriert, u. a. in Europa.
(Bis 2009 hieß die Inselgruppe Queen Charlotte Islands, benannt nach Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz (1744-1818), der Stieftochter von König Georg II. August (siehe unten Lunenburg).) Webseite: https://haidaheritagecentre.com/
- Provinz/Territorium: British Columbia
- Jahr: 1981
- Nr.: 157 (http://whc.unesco.org/en/list/157)
- Kriterien: iii
Head-Smashed-In Buffalo Jump
Head-Smashed-In Buffalo Jump liegt 18 km nordöstlich von Fort Macleod (3.000 Einw.). Die Blackfoot– Indianer nutzen die ca. 300 m langen Klippen von ca. 5.800 v. Chr. bis 1850 n. Chr. für das Erlegen von Büffeln:
Als Wölfe oder Kojoten verkleidete junge Männer trieben die Büffel von einer Weidefläche auf die Klippen zu. Dabei nutzten sie das Gelände und künstlich angelegte Hindernisse zur Lenkung der Herden. An den Klippen stürzten die Büffel rund zehn in die Tiefe stürzten, brachen sich die Knochen und wurden dann erlegt. Head-Smashed-In Buffalo Jump ist nicht der einzige Büffeljagdplatz Kanadas, aber einer der ältesten und besterhaltenen. Webseite: http://www.head-smashed-in.com/
- Provinz/Territorium: Alberta
- Jahr: 1981
- Nr.: 158 (http://whc.unesco.org/en/list/158)
- Kriterien: vi
Arrondissement historique du Vieux-Québec
Québec (532.000 Einw.), die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, liegt am St-Lorenz-Strom der den Ontario-See mit dem Atlantik verbindet. Die Altstadt liegt am Nordufer und besteht aus zwei Gebieten:
- Die Unterstadt (Basse-Ville) erstreckt sich zwischen Fluss und Cap Diamant. An der Place Royale steht die älteste Steinkirche Kanadas: (Notre-Dame-des-Victoires; 1687-1723). Zuvor stand dort 1608 die erste Siedlung, die Habitation de Québec.
- Die Oberstadt liegt auf dem Cap Diamant.1620 entstand dort ein Holzfort (Château Saint-Louis), das später durch Steinbauten ersetzt wurde. Stadtbildprägend ist das 90 m hohe Château Frontenac (1892-93), ein großes Hotel. Südlich des Hotels liegt die Zitadelle von Québec (erbaut 1820-32); westlich erstreckt sich die 4,6 km Stadtmauer (1690, 1745 erweitert), die älteste Kanadas.
Webseite: http://www.quebecregion.com/fr/region-quebec/vieux-quebec/
- Provinz/Territorium: Québec
- Jahr: 1985
- Nr.: 300 (http://whc.unesco.org/en/list/300)
- Kriterien: iv, vi
Old Town Lunenburg
Das Hafenstädtchen Lunenburg (2.300 Einw.) liegt an der Südküste der Halbinsel Nova Scita. Lunenburg wurde 1753 von den Briten als protestantische Siedlung gegründet – an der Stelle, wo bereits seit 1620 katholischen Siedler*innen aus Frankreich (Akadians) mit Miꞌkmaq-Indianern in dem Ort Mirliguèche gelebt hatten – bis zur Deportation der Akadians im Jahr 1755 (siehe unten Grand Pré).
Erhalten haben sich die Holzhäuser, die an dem rechtwinkligen Straßennetz in offener Bauweise (keine Blockrandbebauung!) stehen. In der Mitte Lunenburgs erstreckt sich eine Freifläche mit Rathaus und St. John’s Anglican Church (1763; die Holzkirche ist ein frühes Beispiel der Zimmermannsgotik (Carpenter Gothic)). Die Stadtbefestigung ist nicht erhalten.
Der Name „Lunenburg“ erinnert an die Stadt Lüneburg. Der Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, Georg II. August (1683-1760), wurde nämlich 1727 zum britischen König gewählt. Webseite: http://www.explorelunenburg.ca/
- Provinz/Territorium: Nova Scotia
- Jahr: 1995
- Nr.: 741 (http://whc.unesco.org/en/list/741)
- Kriterien: iv, v
Rideau Canal
Der 202 km lange Rideau Canal verbindet die Hauptstadt von Kanada, Ottawa (930.000 Einw.), mit dem Ontariosee (einer der fünf Großen Seen). Die Wasserstraße besteht zum größten Teil aus natürlichen Gewässern (Rideau River, Seen), die durch 19 km Kanäle verbunden sind. 47 Schleusen überwinden den Höhenunterschied.
Der Rideau Kanal wurde 1826-31 zu militärischen Zwecken erbaut. Damals war dieser Teil Kanadas noch eine britische Kolonie, während die USA bereits ihre Unabhängigkeit erkämpft hatten. Zum Schutz vor einem befürchteten US-amerikanischen Angriff bauten die Briten mehrere Forts (u.a. Halifax Citadel) sowie den Kanal, der die Versorgung sichern sollte. Er ist seinerseits durch vier Blockhäuser gesichert. An den Konstrukteur, John By, erinnert im ältestenen erhaltenen Steinhaus Ottawas das By-Museum. Es steht an der Mündung des Kanals in den Ottawa-Fluss (auf dem Foto oben das halb verdeckte Haus links im Hintergrund). Webseite: https://www.rideauheritageroute.ca/
- Provinz/Territorium: Ontario
- Jahr: 2007
- Nr.: 1221 (http://whc.unesco.org/en/list/1221)
- Kriterien: i, iv
Kulturlandschaft Grand Pré
Die Kulturlandschaft Grand Pré, benannt nach dem gleichnamigen Ort, ist eine Halbinsel an der Nordküste von Nova Scota (Neuschottland). Das Gebiet wurde im 17. Jh. von den Akadiern eingedeicht. Die Akadier zählen mit den Quebecern zu den zwei französischstämmigen Volksgruppen Kanadas. 1755, nach der Niederlage gegen die Briten, wurde der Großteil (ca. 11.500) deportiert; einige flohen. Webseite: http://www.experiencegrandpre.ca/
- Provinz/Territorium: Nova Scotia
- Jahr: 2012
- Nr.: 1404 (http://whc.unesco.org/en/list/1404)
- Kriterien: v, vi
Red Bay – Baskische Walfangstation
Das Dorf Red Bay (170 Einw.) liegt an der Südküste Labradors an einer Meerenge (Belle-Isle-Straße); südöstlich liegt die Nordspitze Neufundlands. In Red Bay haben sich die ältesten und besterhaltenen Zeugnisse des europäischen Walfangs erhalten. Die Walfangstation wurde um 1530 von Basken gegründet, die in der Meerenge Jagd u.a. auf Grönlandwale machten. Red Bay war das bedeutendste Zentrum für die Tranproduktion. Nach rund 70 Jahren folgte der Niedergang; vermutlich auch, weil die Walbestände sich nicht mehr erholen konnten. Das Tranöl verwendete man als Brennstoff in Lampen. Ende des 19. Jh. ersetzte Erdöl (Petrolium) das Walöl.
Zu den Relikten des Walfangs zählen im mehrere Schiffwracks im Wasser oder Überreste der Infrastruktur an Land (z. B. Walfängerfriedhof, Dachziegeln der Unterstände mit den Schmelzöfen, in denen der Walspeck zu Tran gekocht wurde). Webseite: https://www.heritage.nf.ca/articles/exploration/basque-whaling-red-bay.php
- Provinz/Territorium: Neufundland und Labrador
- Jahr: 2013
- Nr.: 1412 (http://whc.unesco.org/en/list/1412)
- Kriterien: iii, iv
Áísínai’pi (Writing-on-Stone Provincial Park)
Der 17,8 km² große Writing-on-Stone Provincial Park liegt beiderseits des Milk Rivers. Der Fluß hat Quellen in den Rocky Mountains und fließt ostwärts durch die Prärie – in einem mäandernden Sandstein-Canyon mit Felstürmen (Hoodoos) unweit der Grenze zu den USA.
„Áísínai’pi“ („Es ist gemalt/geschrieben.“) heißt das Gebiet in der Sprache der Blackfoot, die in dem Gebiet östlich der Rocky Mountains leben. Seit rund 3.000 Jahren haben sie am Sandstein Felszeichnungen oder Felsritzungen hinterlassen. Das Gebiet ist ihnen heilig und umfasst die meisten Petroglyphen in der nordamerikanischen Prärie. Webseite: https://www.albertaparks.ca/parks/south/writing-on-stone-pp/
- Provinz/Territorium: Alberta
- Jahr: 2019
- Nr.: 1597 (http://whc.unesco.org/en/list/1597)
- Kriterien: iii
Gemischtes UNESCO-Welterbe in Kanada
Pimachiowin Aki/ᐱᒪᒋᐅᐃᐧᓂᐊᑭ
Das UNESCO-Biosphärenreservat „Pimachiowin Aki“ (Ojibwe-Sprache: „Leben spendendes Land“) ist zugleich ein gemischtes UNESCO-Welterbe mit einer Fläche von 29.000 km². Die Landschaft ist geprägt durch zahllose kleinere Seen, Flüsse, Feuchtgebiete und boreale Wälder, durch die u.a. Wölfe und Karibus streifen.
Das Gebiet ist seit Jahrtausenden Heimat der Anishinaabeg („ᐊᓂᔑᓈᐯᒧᐎᓐ“). Sie leben u.a. von der Jagd und von Wildreis und pflegen dabei die Tradition „Ji-ganawendamang Gidakiiminaan“ (Bewahrung des Landes). Neben der lateinischen gebrauchen die Anishinaabeg auch die Cree-Schrift, eine Silbenschrift (siehe Überschrift). Webseite: https://pimaki.ca/
- Provinz/Territorium: Manitoba, Ontario
- Jahr: 2018
- Nr.: 1415 (http://whc.unesco.org/en/list/1415)
- Kriterien: iii, vi, ix
UNESCO-Welterbe in der Nähe Kanadas
In der Nähe Kanadas befinden sich mehrere Welterbestätten:
- UNESCO-Welterbe in den Vereinigten Staaten von Amerika
- UNESCO-Welterbe auf Grönland und in Island