Industrie & Technik als UNESCO-Weltkulturerbe

Zeche Zollverein Essen (UNESCO-Welterbe in NRW, Deutschland)

Industrie & Technik als UNESCO-Weltkulturerbe. Überblick

Zum UNESCO-Weltkulturerbe Industrie und Technik in Deutschland zählen:

  • Industrieanlagen, z. B. Zeche Zollverein, Völklinger Hütte oder das Fagus-Werk,
  • Wirtschaftsregionen, z. B. der Oberharz oder die Montanregion Erzgebirge,
  • Technische Denkmäler, die Teil eines Weltkulturerbes sind, z. B. die Römerbrücke in Trier.

Die technischen Denkmäler und Industrieanlagen müssen – wie alle Weltkulturerbestätten – bestimmte Kriterien erfüllen.

Industrieanlagen als Weltkulturerbe

Die UNESCO hat in Deutschland drei Industrieanlagen zum Weltkulturerbe erklärt:

Zeche Zollverein Essen (UNESCO-Welterbe in NRW, Deutschland)

Zeche Zollverein

In Essen, mitten im Ruhrpott, steht das größte Steinkohlebergwerk Deutschlands. Wer will, kann auf eigene Faust das Industriegelände erkunden. Über den Alltag der Kumpels informiert das Ruhrmuseum. Mehr zum Weltkulturerbe „Zeche Zollverein“.

Hochofen HDR

Völklinger Hütte

Die Völklinger Hütte im im Saarland war das größte Stahlwerk Europas. In der Sinteranlage befindet sich das Besucherzentrum, außerdem finden wechselnde Ausstellungen statt. Mehr zum Weltkulturerbe  Völklinger Hütte.

Eingang Tür Gropius Bau Fagus Werk Alfeld

Fagus-Werk

In der Fabrik bei Alfeld stellt man Schuhleisten aus Buchenholz her. Die Leisten dienen bei der Schuhherstellung als Form. Architekt Walter Gropius wurde später Leiter des Bauhauses und plante eine der Siedlungen der Berliner Moderne. Mehr zum Weltkulturerbe „Fagus-Werk“

Wirtschaftsregionen als Weltkulturerbe

In drei Regionen Deutschlands wurde im Bereich Bergbau und Wasserwirtschaft Bedeutendes geleistet: im Harz, im Erzgebirge und im Stadtgebiet von Augsburg.

Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft

Das UNESCO-Welterbe im Harz besteht aus mehreren Stätten, darunter die Altstadt Goslar und Kloster Walkenried. Zu den technischen Denkmälern zählen zwei Bergwerke und das Oberharzer Wasserwirtschaftssystem: 

Bergwerk Rammelsberg

Bergwerk Rammelsberg

In dem ehemaligen Bergwerk bei Goslar hat man über 1000 Jahre lang Silber und andere Erze abgebaut. Im Besucherbergwerk kann man unter Tage fahren.

FranzAugusterWL

Oberharzer Wasserregal

Zisterziensermönche schufen ein Wasserwirtschaftssystem aus Staubecken, Kanälen und Stollen, um die Bergwerke mit Wasserkraft zu versorgen. Der längste Stollen ist 40 km lang.

Fahrkunst Grube Samson (UNESCO-Welterbe MOntanregion Erzgebirge)

Grube Samson

Im Harz befindet sich das kleine Silberbergwerk „Grube Samson“, wo die weltweit letzte Fahrkunst in Betrieb ist (Foto). Die Grube war eines der tiefsten Bergwerke der Welt.

Mehr Informationen  zum UNESCO-Weltkulturerbe „Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserregal.

Wassertürme am Roten Tor, links St. Ulrich - Fotograf Reinhard Paland

Augsburgs historische Wasserwirtschaft

In Augsburg hat sich ein Wasserwirtschaftsystem erhalten, das sich vom Oberharz unterscheidet: Nicht Mönche, sondern Bürger der Reichsstadt Augsburg legten die Kanäle an. Statt Stauseen baute man die ersten Wassertürme und Wasserwerke Deutschlands – nicht in der Natur, sondern v. a. im städtischen Raum.

Frohnauer Hammer 2010 (1)

Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří

In Sachsen und Tschechien erstreckt sich das transnationale Weltkulturerbe „Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří„. Nachdem man im 15. Jahrhundert Silbererz entdeckt hatte, entstanden mehrere Bergwerkstädte, z. B. Freiberg oder Annaberg. Zu den bedeutenden technischen Denkmälern zählt u. a. der Frohnauer Hammer.

Brücken als Teil eines Weltkulturerbes

In Deutschland zählen einige Brücken als Teil eines Ensembles zum Weltkulturerbe, z. B. die Römerbrücke in Trier.

Es gibt in anderen Ländern Brücken, die als Einzelbauwerk Welterbestatus besitzen (sollen), z. B. die Salginatobelbrücke in der Schweiz, eine elegante Stahlbetonbrücke von Robert Maillart. Andere Beispiele für technische Denkmäler sind Mühlen oder Kräne (im Weltkulturerbe „Oberes Mittelrheintal“).

Römerbruecke Trier (UNESCO-Welterbe)

Römerbrücke in Trier

Die Römer errichteten ca. 142–50 n. Chr. bei Trier eine Brücke über die Mosel. Sie bestand nur aus den steinernen Brückenpfeilern, über die eine hölzerne Fahrbahn führte. Im 12. und 17. überspann man die Pfeiler mit Bögen. Die Römerbrücke ist mit anderen Bauten in Trier Teil des Weltkulturerbes und gilt als älteste Brücke nördlich der Alpen und somit Deutschlands.

Bingen Drususbrücke 2015

Drususbrücke bei Bingen

Die Kernzone der Welterbestätte „Oberes Mittelrheintal“ ist bei Bingen bis zur Drususbrücke verlängert. Die 126 m lange Steinbrücke hatte sieben Bögen, von denen sechs erhalten sind. Sie wurde im 11. Jahrhundert über die Nahe erbaut. Somit ist sie die zweitälteste Brücke Deutschlands.

Regensburg: Steinerne Brücke

Steinerne Brücke in Regensburg

Die Steinerne Brücke (1135–46) ist die drittälteste Brücke Deutschlands. Streusalz und Schwerlastverkehr haben die Brücke in den letzten 100 Jahren schwer beschädigt (Sanierung 2010–18). Sie ist 336 m lang, hat 16 Bögen und verbindet die Altstadt von Regensburg mit dem Vorort Stadtamhof. Zusammen bilden sie die UNESCO-Welterbestätte „Altstadt von Regensburg mit Stadtamhof“.

Immaterielles Kulturerbe. Beispiel Kalkbrennerei

Steinbauten bilden einen Großteil der UNESCO-Welterbestätten in Deutschland. Sie werden durch Mörtel zusammengehalten. Kalkmörtel besteht aus Sand, Wasser und gelöschtem Kalk, der als Bindemittel dient. Kalkmörtel ist einer der ältesten Baustoffe seit der Sesshaftwerdung des Menschen: Rund 11.000 Jahre alt ist ein Kalkestrich im türkischen Göbekli Tepe (UNESCO-Welterbe). In Deutschland ist der Gebrauch von Kalkmörtel dreifach im Welterbe vertreten:

  • Antike: die Römische Kalkbrennerei Iversheim als Teil eines UNESCO-Weltkulturerbes,
  • Mittelalter: das immaterielle Kulturerbe „Bauhüttenwesen“ (inkl. das Wissen der Maurer und Steinmetze),
  • Neuzeit: das immaterielle Kulturerbe „Zubereitung und Anwendung von traditionellem Kalkmörtel„.
Kalkbrennerei-iversheim (Schutzbau); UNESCO-Welterbe Niedergermanischer Limes

Römische Kalkbrennerei Iversheim

Die Römische Kalkbrenner Iversheim (bei Euskirchen; Link) besteht aus sechs Brennöfen und zählt zum UNESCO-Welterbe Niedergermanischer Limes. Die Römer verwendeten gebrannten Kalk u. a. für den sog. Römerbeton (Opus caementicium), z. B. im Pantheon oder als Estrich (Opus signinum). Die Porta Nigra in Trier ist hingegen ein Beispiel für ein mörtellos errichtetes Bauwerk: Die Steinblöcke wurden durch Eisenklammern zusammengehalten.

Dombauhuette Koeln Werkstueck Punktiergeraet

Bauhüttenwesen

Die Gemeinschaft der Dombauarbeiter*innen bezeichnet man als Dombauhütte (bzw. Bauhütte). Zu ihnen zählen Steinmetze, Glasmacher, Zimmerer und auch Maurer. Die Bauhütten entstanden im Mittelalter während des Baus der großen Kathedralen. Ihr Wissen geben die Handwerker seit Jahrhunderten weiter. Deutschland teilt diese Kulturform mit Frankreich, Norwegen, Österreich und der Schweiz.

Schachtofenbatterie Rüdersdorf Kalksteinbruch Rüdersdorf

Zubereitung und Anwendung von traditionellem Kalkmörtel

2016 wurde die Kalkmörtel-Tradition in die Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen. Webseite: http://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/zubereitung-und-anwendung-von-traditionellem-kalkmoertel.html

Einen einzigartigen Einblick in die neuzeitliche Kalkbrennerei-Technik bietet der Museumspark Rüdersdorf. Bei der brandenburgischen Stadt Rüdersdorf bei Berlin (16.000 Einw.) befinden sich mehrere Einrichtungen für die Kalkmörtel-Zubereitung:

  • ein großer Kalksteinbruch (Kalksteintagebau Rüdersdorf), der mehrfach als Filmkulisse diente;
  • ein Kalkwerk, in dem seit dem 17. Jh. Kalk gebrannt wird. Das Foto zeigt die „Kathedrale des Kalks„: die im 19. Jh. errichtete Schachtofenbatterie mit 18 Rumfordöfen. Der im Steinbruch gewonnen Kalk (CaCO3) wird dort auf über 900° C erhitzt. Aus dem Gestein entweicht Kohlendioxid und man erhält gebrannten Kalk (CaO). Er wird auf der Baustelle durch Wasserzugabe aus zu gelöschtem Kalk (Ca(O)2). Dieser verbindet sich mit dem Kohlenstoffdioxid der Luft und man erhält wieder Kalkstein (CaCO3).

Weitere Sehenswürdigkeiten im Museumspark sind u.a. die Kalkscheune und zwei Kammeröfen des 17. Jahrhunderts. Webseite: https://www.museumspark.de/. Weiter nördlich befindet sich das Zementwerk Rüdersdorf; Werksbesichtigungen sind möglich. Webseite: https://www.cemex.de/ueber_cemex/cemex_deutschland/standorte/werksbesichtigung

Welterbestätten der Industrie und Technik in Europa

Die vorgestellten Denkmäler zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe in Deutschland. In Europa hat die UNESCO mehrere Industrieanlagen und technische Denkmäler zum Weltkulturerbe erklärt. Von Deutschland gut erreichbar sind u. a. die Welterbestätten in Frankreich, Polen und den Niederlanden.

Römisches Aquädukt Pont du Gard. UNESCO-Weltkulturerbe in Frankreich

Frankreich: Aquädukt Pont du Gard

Der 49 m hohe Pont du Gard, erbaut von den Römern um 50. n. Chr., überquert den Fluss Gardon in Südfrankreich. Die Brücke ist Teil eines 50 km langen Aquädukts, das Nîmes mit Wasser versorgte.

Canal du Midi. UNESCO-Welterbe in Frankreich)

Canal du Midi

Der 240 km lange Canal du Midi führt von Toulouse zum Mittelmeer. Der von 1667–81 erbaute Kanal ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung: Die Schiffe fahren durch dutzende Schleusen, über und unter Brücken und durch den weltweiten ersten Schiffstunnel. Weitere technische Denkmäler des Welterbes in Frankreich sind:

  • die Große Saline von Salins-les-Bains (791 erwähnt) und die Saline in Arc-et-Senans (1775–79),
  • das 1.200 km² große  Nordfranzösische Kohlerevier (Abbau ab 1660),
  • der Leuchtturm von Cordouan (erbaut 1611).

Siehe auch UNESCO-Weltkulturerbe in Frankreich

Mühlenanlagen in Kinderdijk-Elshout (UNESCO-Welterbe in den Niederlanden)

Niederlande: Mühlenanlagen in Kinderdijk

Das Welterbe der Niederlande ist geprägt durch das Meer. Kinderdijk (820 Einw.) liegt 15 km südöstlich von Rotterdam. Im 18. Jahrhundert erbaute man 19 Windmühlen, die das Wasser aus dem Polder pumpen (Welterbe seit 1997; Webseite: http://whc.unesco.org/en/list/818). Das Müllerhandwerk zählt zum immateriellen Kulturerbe (Link).

Zu den technischen Denkmälern des Welterbes zählen auch das Dampfpumpwerk von Wouda in Friesland oder die Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam. Siehe: UESCO-Welterbe in den Niederlanden.

Salzbergwerk Wieliczka: Hl.-Kinga-Kapelle (UNESCO-Welterbe in Polen)

Polen: Königliche Salzbergwerke Wieliczka und Bochnia

Die im 13. Jh. angelegten Bergwerke liegen südöstlich von Krakau. Seit dem 19. Jh. sind sie auch für den Tourismus geöffnet. Wieliczka (300 km Gesamtganglänge) ist bekannt für die unterirdische Hl.-Kinga-Kapelle. Der Salzhandel sicherte dem polnischen König rund ein Drittel der Staatseinnahmen.

Zwei bedeutende technische Denkmäler sind der prähistorische Feuersteinbergbau in Krzemionki und die Blei-Silber-Zink-Mine von Tarnowitz und ihr unterirdisches Wasserwirtschaftssystem. Siehe UNESCO-Welterbe in Polen.

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