Aachener Domschatzkammer: Juwelen, Gold & edle Stoffe
Aachener Domschatzkammer. Überblick
Der Aachener Domschatz zählt mit dem Dom zum UNESCO-Weltkulturerbe. Er gilt als einer der wertvollsten Kirchenschätze der Welt und ist in der benachbarten Domschatzkammer ausgestellt. Der Aachener Domschatz ist nach fünf Themen gegliedert (Karl der Große, Krönung, Liturgie, Aachener Dom als Marienkirche, Aachener Dom als Wallfahrtskirche und der Reliquienschatz).
Zum UNESCO-Weltkulturerbe Aachener Dom siehe hier.
Karl der Große
Eroberungen Karls. Urheber: Wolpertinger, CC BY-SA 3.0, Link
König, Krieger, Kaiser Karl
Karl der Große (747 oder 748–814 in Aachen) wurde mit etwa 20 Jahren König der Franken (768). Karl war kein Deutscher, sondern Franke. Als erster deutscher König werden genannt: Heinrich I. (König ab 919), Heinrich II. (König ab 1002) oder noch spätere Könige.
Von 772–804 führte Karl Krieg gegen die Sachsen (im heutigen Niedersachsen und Ost-NRW). Die Christianisierung sollte durch Klostergründungen erfolgen, ein Beispiel ist das UNESCO-Welterbe Kloster Corvey, das 815 gegründet wurde.
774 gelang Karl die Eroberung des Langobardenreichs. Mehrere bedeutende Bauten der Langobarden sind UNESCO-Welterbe (http://whc.unesco.org/en/list/1318). Nach seiner Rückkehr besuchte Karl Kloster Lorsch (UNESCO-Welterbe), dessen Torhalle einer der besterhaltenen Bauten der Karolingerzeit ist.
Im Jahr 800 krönte der Papst in Rom (Welterbe Vatikanstadt) Karl zum ersten Kaiser Westeuropas. Da in Byzanz (heute Istanbul; Weltkulturerbe) bereits ein Kaiser residierte, entstand das Zweikaiserproblem. Dessen Lösung erfolgte 1453 mit dem Untergang Ostroms.
Schätze der Karolingerzeit
Bekannt ist die Karlsbüste (um 1350), die Karl den Großen darstellt. Sie enthält angeblich einen Teil von Karls Schädel. Die Aachener Domschatzkammer besitzt zum Thema „Karl der Große“ außerdem Meisterwerke der Buchmalerei, z. B. das Schatzkammer-Evangeliar (Anfang 9. Jh.). kostbare Reliquienbehälter (Brustkreuz Karls des Großen) oder wertvolle Stoffe (Quadrigastoff, 6. – 8. Jh.).
Olifant & Jagdmesser
Zu den kostbaren Alltagsgeräten zählen ein Jagdmesser Karls des Großen (8. Jh.) oder ein Olifant (11. Jh.). Olifanten sind Signalhörner aus Elfenbein. Sie wurden im Mittelalter im Mittelmeerraum hergestellt; der Aachener Olifant stammt wohl aus einer Werkstatt in Sizilien. Das Elfenbein kam möglicherweise aus Westafrika (vgl. Elfenbeinküste), manches vermeintliche Elefantenelfenbein ist in Wirklichkeit aber Wallrossbein.
Krönung
Der Aachener Dom war Krönungsstätte römisch-deutscher Könige. Zwischen 936 (Otto I.) und 1531 (Ferdinand I.) erfolgten in Aachen 31 Krönungen. Karl der Große wurde 768 nicht in Aachen gekrönt, sondern im französischen Noyon zum König des Ostfrankenreichs gesalbt. Im Jahr 800 krönte ihn Papst Leo III. in Rom zum Kaiser. Es handelt sich bei Salbung und Krönung um zwei verschiedene Arten der Königserhebung, die z. T. kombiniert wurden:
- Die Salbung erfolgte mit wohlriechendem Salböl (eine Mischung aus Olivenöl und Duftstoffen) und war u. a. im Frankenreich üblich. Welche Körperstellen mit Öl gestrichen wurden, wechselte:
- Hände (Pippin; Vorbild war die Handwaschung der Priester),
- Brust (Westfränkisches Reich),
- Brust und andere Körperregionen (Ostfränkisches Reich).
- Die Krönung erfolgte durch Aufsetzen einer metallenen Krone und war Tradition im byzantinischen Reich. Die Reichskrone ist nicht in Aachen, sondern in Wien aufbewahrt.
- Die Einkleidung in das Krönungsornat war ein weiterer Akt der Königserhebung (siehe unten).
- Bei den Germanen war die Schilderhebung üblich: Der zukünftige König setzte sich auf einen Schild und dieser wurde dann geschultert. Der Vater Karls des Großen, Pippin der Kleine, ergänzte die Schilderhebung durch die Salbung. Später setzte sich der König nicht mehr auf einen Schild, sondern auf einen Thron (erste Thronsetzung durch Otto I. 936). Karl ließ zwar den Karlsthron auf der Empore des Aachener Doms um 790 anfertigen; er benötigte ihn aber nicht zur Königserhebung, da er ja bereits König war.
Lotharkreuz
Das Lotharkreuz ist ein Prozessionskreuz bzw. Vortragskreuz, das bei einer Krönungsprozession vorangetragen wurde. Am Kreuzfuß ist ein Edelstein befestigt, der die Inschrift trägt „Christus, hilf König Lothar“. Sie ist spiegelverkehrt geschrieben, denn der Edelstein diente als Siegelstempel.
Gemeint ist Karls Enkel (Lothar I., 795–855) oder Urenkel (Lothar II., 835–69). Sie waren nicht die Auftraggeber, denn das Kreuz wurde erst im 10. Jh. angefertigt.
Die zwei nebenstehenden Fotos zeigen die prächtige Kaiserseite (Vorderseite) und die schlichte Christusseite (Rückseite). Das Kreuz ist 50 cm hoch und besteht aus Eichenholz, das mit Goldblech (Kaiserseite) und Silberblech (übrige Flächen) ummantelt ist. Die Kaiserseite ist mit 105 Edelsteinen und 35 Perlen besetzt (ursprünglich wohl 144 Edelsteine und Perlen). Das große Foto ganz oben zeigt ein Detail des Lotharkreuzes: die Augustus-Kamee aus dem 1. Jh. (eine Kamee ist ein Edelstein mit emporragender Gravur).
Reichsinsignien (Rathaus Aachen)
Die Reichsinsignien (bzw. Reichskleinodien) waren mehrere Kunstwerke, die bei der Krönung zum Einsatz kamen. Sie entstanden im Laufe der Jahrhunderte; die ältesten Reichskleinodien sind das Krönungsevangeliar (8. Jh.) und die Heilige Lanze (8. oder 9. Jh.); das Reichszepter wurde erst im 14. Jh. hergestellt.
Die Aufbewahrungsorte der Reichsinsignien wechselten:
- Vor 1423 war der Reichsschatz längere Zeit auf Burg Trifels, sowie u. a. in Goslar (UNESCO-Welterbe) und den Burgen Karlstein (Kandidat für das Welterbe; http://whc.unesco.org/en/tentativelists/1564) und Plintenburg (Kandidat; http://whc.unesco.org/en/tentativelists/6267).
- Von 1423 bis 1796 war er im Heilig-Geist-Spital in Nürnberg aufbewahrt.
- Seit 1800 lagert der Reichsschatz in der Kaiserlichen Schatzkammer der Wiener Hofburg (UNESCO-Welterbe in Wien).
Im Krönungssaal des Aachener Rathauses befinden sich Kopien der wichtigsten Reichsinsignien, nämlich (siehe Foto, v. l. n. r.): Zeremonienschwert, Reichsapfel, Krönungsevangeliar, Schwert des Hl. Moritz, Reichskreuz, Kaiserkrone, Kaiserzepter und Königszepter; Stephansbursa, Säbel Karls des Großen, Heilige Lanze.
Zu den Reichsinsignien zählt auch das Krönungsornat, also Schuhe, Socken etc., die der König bei der Krönung trug. Das Gemälde rechts zeigt den letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Franz II. (1768–1835), allerdings mehrere Jahre nach seinem Tod. Er trägt die Kaiserkrone, hält Reichsapfel und Zepter und ist u. a. in die Dalmatica gekleidet (ganz unten am roten Streifen erkennbar), darüber die weiße Alba, darüber die goldfarbene Stola und darüber der rote Krönungsmantel. Franz II. gab 1806 die Kaiserwürde auf und blieb dennoch Kaiser: nämlich seit 1804 als Franz I., erster Kaiser Österreichs. Digitalisate: https://www.khm.at/objektdb/?id=11227&L=0&query=Kr%C3%B6nungsornat&view=0&facet_date=-4500%3B2021&sort=score%3Adesc
Reliquienschatz
Karlsreliquiar & Armreliquiar Karls des Großen
Ein Reliquiar ist ein Behälter, der eine Reliquie enthält. Eine Reliquie ist Überbleibsel eines Heiligen, z. B. Knochen, Blut, Haare oder Kleidungsreste. Die Aachener Domschatzkammer und der Dom bieten einen Überblick über die Formenvielfalt der Reliquiare:
- Kopfreliquiare, z. B. die Karlsbüste, enthalten meist Schädelfragmente. Armreliquiare enthalten Armknochenreste etc., z. B. das Armreliquiar Karls des Großen.
- Reliqienschreine sind der Karlsschrein und der Marienschrein im Aachener Dom. Im Marienschrein befinden sich die „Vier großen Heiligtümer„: ein Kleid Mariens, eine Windel und ein Lendentuch Jesu sowie das Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Der Schrein wird nur alle sieben Jahre (2023, 2030) etc. geöffnet, um die Heiligtümer den Gläubigen zu zeigen. Gut sichtbar sind hingegen die „Drei Kleinen Heiligtümer“ (Gürtel Mariens, Gürtel und Geißelstrick Christi) verwahrt: in Ostensorien (Behälter mit Glas oder Bergkristall).
- Kreuzreliquiare in der Form eines Kreuzes, z. B. das Reichskreuz siehe oben.
- Turmreliquiare ahmen gotische Architektur nach, ein Beispiel ist das Dreiturmreliquiar.
Das Foto oben zeigt das Karlsreliquiar. Es soll u. a. Schädel und Fingerreste Karls des Großen enthalten. Das Foto links zeigt das Armreliquiar mit Elle und Speiche aus dem Karlsschrein.
UNESCO-Weltdokumentenerbe: Liuthar-Evangeliar
Das Liuthar-Evangeliar entstand um das Jahr 1000 auf der Insel Reichenau, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Auf dieses Evangeliar haben die deutschen Könige und Kaiser beim Schwören ihre Hand gelegt. Benannt ist das Werk nach dem Mönch Liuthar. Er wird in dem kurzen Widmungstext genannt: „Mit diesem Buch möge Gott dir, Kaiser Otto, das Herz bekleiden. Erinnere dich, dass du es von Liuthar empfingst.“
Das Evangeliar besteht aus 256 Blättern, die beschriftet und bemalt wurden. Alle Bilder haben einen goldenen Hintergrund. Die UNESCO hat 2003 das Liuthar-Evangeliar zusammen mit neun anderen Büchern der Reichenauer Schule zum Weltdokumentenerbe erklärt.
1886 entdeckte man in dem Evangeliar das sogenannte Aachener Fragment (14.–15. Jh.), das die Notation des ältesten Weihnachtsliedes in deutscher Sprache enthält: „Sei uns willkommen, Herre Christ.“
Öffnungszeiten Aachener Domschatzkammer
Monat | Tag | Uhrzeit |
Jan. – März | täglich | 10 – 17 |
Apr. – Dez. | täglich | 10 – 18 |
Montags nur bis 14 Uhr geöffnet. Foto-Aufnahmen sind nur für private Zwecke und nur ohne Blitz und Stativ erlaubt.
Führungen durch die Aachener Domschatzkammer
Führungen für Einzelpersonen: Samstags, 11:00 Uhr (deutschsprachig). Erwachsene: 8,- €, ermäßigt 7,- €. Buchung für Gruppen: E-Mail: tour@aachenerdom.de
Mehr Infos unter: www.aachener-domschatz.de/ihr-besuch-bei-uns/fuehrungen/
Kontakt
- Adresse: Domschatzkammer Aachen, Johannes-Paul-II.-Straße 1, 52062 Aachen
- Internet: www.aachener-domschatz.de
- Telefon: 0241–47709–140
Domschätze des UNESCO-Welterbes
Einige Kirchen, die zum UNESCO-Welterbe zählen, haben ebenfalls sehenswerte Kirchenschätze:
- Bamberger Domschatz (UNESCO-Welterbe „Altstadt von Bamberg„)
- Hildesheimer Domschatz (UNESCO-Welterbe „Dom und Michaeliskirche in Hildesheim“), u. a. mit Bernwardskreuz
- Kölner Domschatz (UNESCO-Welterbe „Kölner Dom„), v. a. der goldene Dreikönigenschrein (im Dom ausgestellt; siehe Foto).
- Quedlinburger Domschatz (UNESCO-Welterbe „Stiftskirche, Schloss und Altstadt von Quedlinburg“): 1945 z. T. entwendet, seit 1993 wieder in Quedlinburg.
Erwähnenswert sind auch der Halberstädter Domschatz (Halberstädter Dom; ehemaliger Kandidat für das UNESCO-Welterbe) sowie der Essener Domschatz (u. a. Goldene Madonna).