Die Alten Buchenwälder Deutschlands sind Teil des transnationalen Weltnaturerbes „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“. Das Welterbe verteilt sich auf 18 Länder mit einer Gesamtfläche von über 98.100 Hektar. Ein Drittel der Fläche liegt in der Ukraine. Es handelt sich bei den Wäldern des deutschen UNESCO-Welterbes um naturnahe Buchenwälder. In der Ukraine stehen hingegen Buchenurwälder.
Das UNESCO-Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder Deutschlands“ besteht aus fünf Waldgebieten in Mittel- und Nordostdeutschland. Zusammen bilden sie eine Fläche von rund 4.400 Hektar (oder 44 km²). Zum Vergleich: Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist mit 4.410 km² rund 100 mal größer. Zum Weltnaturerbe zählen folgende Buchenwälder:
Grumsiner Forst (Brandenburg)
Nationalpark Jasmund auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern)
Serrahner Buchenwald (Mecklenburg-Vorpommern)
Buchenwald im Nationalpark Kellerwald-Edersee (Hessen)
Alte Buchenwälder in Brandenburg & Mecklenburg-Vorpommern
Nationalpark Jasmund (Mecklenburg-Vorpommern)
Der Nationalpark Jasmund (30,7 km²) erstreckt sich im der Nordosten der Insel Rügen. Der östlichste Abschnitt, 4,93 km² Buchenwald direkt an der Ostseeküste, zählen zum UNESCO-Weltnaturerbe. Der Wald reicht bis zur Steilküste mit den berühmten Kreidefelsen, die rund 100 m zur Ostsee abfallen. Auf dem Hochuferweg kann man vom Königsstuhl südwärts nach Sassnitz spazieren. Man passiert eine Reihe von Aussichtspunkten. Gelegentlich stürzen Teile der Steilküste hinab – mitsamt der Buchen und des Hochuferwegs (z. B. 2005 die Wissower Klinken oder 2018 am Kieler Bach: Link). Vor dem Nationalpark liegen zwei Schießgebiete für Torpedo- und Artillerieschießübungen der Bundesmarine (Schießgebiet Arkona im Norden und Pommersche Bucht im Osten). Webseite: http://www.nationalpark-jasmund.de/
Nationalpark-Zentrum Königsstuhl
Das Nationalpark-Zentrum Königsstuhl informiert über den Park und die Buchenwälder Rügens. Das Foto zeigt das Nationalpark-Zentrum, wenn man von der Aussichtsplattform am Königsstuhl westwärts geht. Neben dem alten Gebäude (erbaut 1893) steht ein Neubau (2004, links im Hintergrund). Das Zentrum bietet Kurzführungen und Wanderungen an. Link: www.koenigsstuhl.com
Stubbenkammer (Königsstuhl)
Das Nationalpark-Zentrum ist benannt nach dem höchsten Kreidefelsen: der Königsstuhl ragt rund 118 m empor. Der Königsstuhl bildet mit dem Felsen nördlich davon die Große Stubbenkammer. Das Wortleitet sich aus dem Slawischen ab: Stopin = Stufe; Kamen = Fels. Die Kleine Stubbenkammer (mit der Victoria-Sicht) befindet sich südlich davon. Das Foto zeigt beide: der breite Kreidefels links ist die Kleine Stubbenkammer, die spitzen Kreidefelsen rechts sind die Große Stubbenkammer.
Grumsiner Forst (Brandenburg)
Auf dem Weg von Berlin nordostwärts nach Stettin fährt man auf der Autobahn A11 durch das UNESCO-Biosphärensreservat Schorfheide Chorin. Rund sechs Kilometer östlich der A11 erstreckt sich der Grumsiner Forst. Es handelt sich um einen 5,9 km² großen Buchenwald. Das Gebiet ist von kleinen Seen und niedrigen Bergen durchsetzt. In Altkünkendorf bei Angermünde befindet sich ein Informationszentrum mit Ausstellungen zum Grumsiner Forst (Infopunkt Altenkünkendorf). Link: https://grumsinerforst.net/
Seen und Sölle
Innerhalb des UNESCO-Gebietes liegen mehrere Seen (Großer Dabersee, Schwarzer See, Buckow-See, Bracken-See, Morstsee) und Sölle. Ein Soll ist ein rundlicher Tümpel, der in der Eiszeit durch Toteis-Ablagerung entstand. Sölle können auch vermoort, verlandet oder zugeschüttet sein. Solche feuchten Böden bieten z. B. dem Milzkraut Lebensraum. Buchen bevorzugen hingegen mittelfeuchte Böden.
Serrahner Buchenwald (Mecklenburg-Vorpommern)
Der Müritz-Nationalpark ist mit 32.200 ha der größte deutsche Nationalpark an Land. 268 ha Buchenwald bei Serrahn sind Weltnaturerbe. Das Jugendwaldheim Steinmühle liegt mitten im Wald am Südufer des Grünower Sees. Die Bildungsstätte bietet Projektwochen, Führungen und Übernachtungsmöglichkeiten für Jugendliche und Erwachsene an. Link: www.mueritz-nationalpark.de/Lernen-&-Begreifen/Jugendwaldheim-Steinmuehle/
Alte Buchenwälder in Hessen & Thüringen
Nationalpark Kellerwald-Edersee (Hessen)
Der Nationalpark (57,38 km²) liegt südlich des Edersees bei Kassel. Das Welterbe umfasst 14,67 km² Wald. Am Edersee steht der Baumkronenweg TreeTopWalk. Er ist 250 m lang und führt durch die Baumwipfel. In der Nähe (ca. 30 km) liegt das UNESCO-Weltkulturerbe Bergpark Wilhelmshöhe.
Nördlich von Eisenach – in Sichtweite der Wartburg – liegt der Hainich, mit rund 160 km² Fläche einer der größten Laubwälder Deutschlands. Im Süden des Waldgebiets liegt der Nationalpark Hainich (75,0 km²). 15,73 km² Buchenwald innerhalb des Nationalparks zählen zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Der Wald steht auf Muschelkalkboden, der durch Verkarstung gekennzeichnet ist: Steingräben durchziehen den Wald. Sie liegen meist trocken, allerdings nicht wegen geringen Niederschlags, sondern weil das Wasser unterirdisch im porösen Kalkstein abfließt.
Der Hainich ist u. a. Lebensraum seltener Tiere, z. B. Wildkatze und Luchs. Beobachten kann man sie im Wildkatzendorf Hütscheroda, das sich am Südrand des Hainich befindet (Webseite: https://www.wildkatzendorf.com/de/)
Nationalparkzentrum Thiemsburg
Östlich des UNESCO-Welterbe-Gebiets befindet sich das Nationalparkzentrum Thiemsburg. Ausstellungen und Filme bieten Einblick in das Waldleben; Kinder können basteln oder in der Wurzelhöhle die Geheimnisse des Waldbodens entdecken. In luftige Höhen führt der gewinkelte Baumkronenpfad. Von dem 530 m langen Steg hat man einen guten Blick in und über den Hainich. Die Tickets für den Pfad erhält man im Nationalparkzentrum. Link: www.nationalpark-hainich.de/de/ausflugsziele/nationalparkzentrum.html
Ohne die Einwirkung des Menschen wäre der größte Teil Mitteleuropas mit Buchenmischwäldern bedeckt. Buchen sind Laubbäume, die ein Alter von 300 Jahren erreichen können. In dieser Zeit erreichen sie eine Höhe von bis zu 30 m. Durch Photosynthese gewinnt die Buche Energie für die Holzproduktion. Im Laufe der Jahrhunderte wurden große Waldgebiete gerodet, um Land für Ackerflächen, Weiden oder Siedlungen zu gewinnen. Buchenwälder sind aber keineswegs nutzlose Naturgebiete, sondern werden von Menschen auf vielfältige Weise genutzt:
Buchenwälder als Weide
Früher trieb man Vieh in den Wald, das u. a. die jungen Triebe und die Früchte der Buche (Bucheckern) fraß. Die Weidenutzung hatte Auswirkungen auf den Wald: Es entstanden lichte, parkähnliche Wälder. Sie waren ein Biotop für lichtbedürftige Pflanzen, die den Waldboden besiedelten.
Buchenwälder als Erholungsgebiete
Wälder bieten nicht nur dem Vieh Nahrung, sondern auch dem Menschen Erholung. Durch zahlreiche Wälder führen Wanderwege. Neben der körperlichen Betätigung tut ein Waldbesuch auch der Seele gut: Die Ruhe und die natürlichen Waldgeräusche entspannen; im Sommer bieten das Laubdach Schutz vor der Sonne.
Buchenwälder als Holzproduzenten
Buchenholz ist hart, aber fäulnisanfällig. Man verwendet es für Möbel und Parkett, als Brennholz oder zum Räuchern. Früher nutzte man Buchenasche auch für die Glasherstellung; z. B. für die Fenster des Kölner Doms. Für ein Kilogramm Glas brauchte man etwa einen Kubikmeter Holz.
Buchenwälder als Sauerstoffproduzenten
Eine 100-jährige Buche produziert pro Stunde etwa 1,7 kg Sauerstoff. Damit kann ein Baum den Sauerstoffbedarf von 50 Personen decken. Außerdem tragen Buchen und andere Bäume zur Kühlung und Befeuchtung der Luft bei. Ein Waldspaziergang ist also gesund.
Europäische Buchenurwälder als UNESCO-Weltnaturerbe
Einer Nutzung nie unterworfen gewesen sind Buchenurwälder. In den Karpaten, v. a. in der Ukraine, haben sich noch Buchenurwälder erhalten. Allerdings sind manche durch (illegalen) Holzeinschlag gefährdet. Und möglicherweise trägt der Status als UNESCO-Welterbe dazu bei, dass der Urwald stärker touristisch genutzt wird.
Verbreitungsgebiet der Buchen
In Deutschland ist die Rotbuche der häufigste Laubbaum. Sie nimmt rund 15% der Waldfläche ein (Eiche: 11,6 %). Die Karte zeigt das Verbreitungsgebiet der Rotbuche in Europa. (In den braun gefärbten Gebieten wurde die Buche erst ab 500 n. Chr. heimisch.) Das Verbreitungsgebiet wird u. a. eingegrenzt durch Niederschlagsmenge, Lufttemperatur, Lichtmenge oder Bodenfeuchte. In den Feuchtböden der Flüsse dominieren z. B. Weiden oder Erlen. Im warmen Mittelmeerklima gedeihen Korkeichen besser, im dunklen Norden hingegen Nadelbäume.
Uholka-Schyrokyj Luh (Ukraine)
Der weltweit größte Rotbuchenurwald steht im äußersten Westen der Ukraine. Das 118,6 km² große Weltnaturerbe besteht aus zwei Gebieten: Uholka und Schyrokyj Luh. Beide liegen ihrerseits im 536 km² großen UNESCO-Biosphärenreservat Karpaten. In diesem Reservat befinden sich noch vier weitere Buchenurwälder, die ebenfalls zum UNESCO-Weltnaturerbe zählen (UNESCO-Webseite: http://whc.unesco.org/en/list/1133/multiple=1&unique_number=2152). Die Karpatenwälder unterscheiden sich u. a. in der Zusammensetzung der Baumarten und den Kulturen der dort lebenden Menschen.
Tschornohora-Massiv
Ein Beispiel ist der Buchenurwald des Tschornohora-Massivs (24,7 km²). Die „Schwarzen Berge“ bilden den höchstgelegenen Teil der Karpaten – an der Spitze die Howerla („Schneeberg“, 2062 m). Hier wachsen Buchen und Nadelbäume; außerdem lebt hier die ethnische Minderheit der Huzulen. Reise-Infos bietet die private Webseite: http://green-ukraine.com/de/karpaten-biospharenreservat.
Warum sind die Buchenwälder Europas UNESCO-Weltnaturerbe?
Die UNESCO erklärte mehrere Buchenwälder Europas zum Weltnaturerbe, weil eines von vier Naturerbe-Kriterien erfüllt ist:
„Kriterium (ix): Das Welterbe ist unverzichtbar für das Verständnis der Geschichte und Entwicklung der Gattung Fagus. Sie ist von globaler Bedeutung aufgrund ihrer weiten Verbreitung auf der Nordhalbkugel und ihrer ökologischen Relevanz. … . Das Welterbe umfasst Wälder aus allen Höhenlagen von den Küsten bis zur Baumgrenze sowie die besten erhaltenen Beispiele aus dem Verbreitungsgebiet der Rotbuche. Sie ist eine der wichtigsten Baumarten der gemäßigten Laubwälder und ein herausragendes Beispiel für die Wiederbesiedlung und Entwicklung der terrestrischen Ökosysteme seit dem Ende der letzten Eiszeit.“ (eigene Übersetzung. Quelle: https://whc.unesco.org/en/list/1133)
Außereuropäische Buchenurwälder als UNESCO-Weltnaturerbe
Die Rotbuche (fagus sylvatica: „Waldbuche“) ist eine von etwa zehn Buchenarten.
in Nordamerika wächst die Amerikanische Buche (fagus grandifolia: „Großblättrige Buche“). Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich im Osten des Kontinents etwa zwischen Mississippi und Ostküste (außer Florida).
Auf Japan wachsen die Kerbbuche (fagus crenata) und die Japanische Buche (fagus japonica).
Weitere Buchenarten sind u. a. die Chinesische Buche (fagus sinensis) in China und Vietnam, die Taiwanesische Buche (fagus hayatae) in China und Taiwan oder die Orientbuche (fagus orientalis).
Great-Smoky-Mountains-Nationalpark
Im Osten der USA, im Gebirge der Appalachen, liegt der 2.114,2 km² große Great-Smoky-Mountains-Nationalpark. Er ist seit 1983 UNESCO-Weltnaturerbe und gilt als größter Urwald im Osten Amerikas. Zu den häufigen Baumarten zählt die Amerikanische Buche (Liste). Im Herbst färben sich die Blätter der Laubbäume rot und gelb. Webseite: https://www.nps.gov/grsm/
Shirakami-Sanchi (Japan)
In Japan wachsen andere Buchenarten als in Europa, z. B. die Kerbbuche, deren junge Blätter essbar sind oder die Japanische Hopfenbuche. Im Norden der japanischen Hauptinsel Honshu erstrecken sich die Shirakami-Berge. Von den rund 1.300 km² großen Buchenwäldern zählt ein 169,7 km² großes Gebiet (Shirakami-Sanchi) zum UNESCO-Weltnaturerbe. Es handelt sich um den größten Buchenurwald Ostasiens. Das Gebiet ist unbesiedelt, da die Region niederschlagsreich und kühl ist. Durch den Buchenurwald streifen allerdings u. a. Japanische Schwarzbären oder Schneeaffen (Japanmakaken). Webseite: https://whc.unesco.org/en/list/663
Buchenwälder und andere Welterbestätten in Deutschland
Die alten Buchenwälder Deutschlands sind als Holzproduzenten Teil des Wirtschaftsystems. Sie stehen auch in Beziehung zu anderen UNESCO-Welterbestätten. Zwei Beispiele sind das Fagus-Werk und die Zeche Zollverein.
Fagus-Werk
Das Weltkulturerbe „Fagus-Werk“ in Alfeld (Niedersachsen) ist nach dem Hauptwerkstoff benannt. Der lateinische Gattungsname der Buche ist „fagus“. In der Fabrik stellt man aus Buchenholz Schuhleisten her (Foto oben.).
Zeche Zollverein
Der Holzverbrauch war im 19. Jahrhundert so groß, dass Buchenholz knapp wurde. Die Waldweide verhinderte außerdem die Verjüngung des Waldes. Steinkohle löste Holz als Energieträger ab. Das größte deutsche Steinkohlebergwerk war die Zeche Zollverein in Essen.