Der Haithabu Rundweg führt zum UNESCO-Weltkulturerbe „Archäologischer Grenzkomplex Haithabu und Danewerk“. Es liegt bei der Stadt Schleswig im Bundesland Schleswig-Holstein. Die Welterbestätte besteht aus zwei Zonen:
Haithabu, die ehemalige Wikingersiedlung an der Schlei.
Danewerk, eine ehemals dänische Grenzbefestigung, die sich von Haithabu aus nach Westen erstreckt.
Ausgangspunkt für den Haithabu Rundweg ist der Hauptbahnhof Schleswig. Die Route führt zu einem Teil des Danewerks (Verbindungswall) und weiter nach Haithabu. Stationen sind die rekonstruierten Wikingerhäuser und das Wikingermuseum Haithabu. Von dort führt der Rundweg am Ufer der Schlei zurück zum Bahnhof; lohnenswert ist ein Abstecher zu Schloss Gottorf.
Das Bahnhofsgebäude wurde 1869 eröffnet und steht unter Denkmalschutz. Wir verlassen den Bahnhof Schleswig an der Westseite, folgen der Straße Karpfenteich zuerst nach Norden (an den Gleisen entlang), dann nach Westen. An der Einmündung in die Straße Kolonnenweg biegen wir nach Süden. Nach dem Kreisel folgen wir der Straße Dannewerkredder bis zu deren Ende. Dort führt ein Fußweg durch ein Wäldchen zum größten Bodendenkmal Nordeuropas: die Überreste des Danewerks.
Danewerk: Funktion und Karte
Das Danewerk ist eine Grenzanlage, die die Dänen ab ca. 700 n. Chr. an der Südgrenze ihre Reiches errichteten, um sich gegen die Franken und Sachsen zu schützen. Z. B. griff Heinrich I., der als erster deutscher König gilt, mit seinem Heer die Dänen 931 an. (Man warf ihnen Seeräuberei vor.) Das Danewerk wurde überrannt und König Knut zur Taufe gezwungen.
Das Danewerk besteht aus mehreren Abschnitten (siehe Karte), die man in drei Phasen erbaute:
Vorwikingerzeit (vor 793): Zwischen Sümpfen im Westen und dem Dannewerker See erbaute man Krummwall (1) und Hauptwall (2). Im Osten bot die Schlei ein natürliches Hindernis, das man durch Seesperrwerk (6) und Osterwall (7) ergänzte.
Wikingerzeit (bis zur Zerstörung Haithabus 1066): Die Lücke zwischen Dannewerker See und Haithabu (rot) wird geschlossen durch den Verbindungswall (4) und den vorgelagerten Kograben (5).
Zum mittelalterlichen Danewerk zählen Verstärkungen des Hauptwalls: u. a. die Waldemarsmauer und die Thyraburg. In der Neuzeit reaktivierte man das Danewerk, z. B. im Deutsch-Dänischen Krieg 1861–64.
Der Haithabu Rundweg folgt dem wikingerzeitlichen Verbindungswall ostwärts bis Haithabu.
Verbindungswall (Schleswig)
Der Verbindungswall ist insgesamt rund 3,3 Kilometer lang. Er wurde etwa zwischen 810 und 965 in mehreren Phasen erbaut. Der Wall war bis zu 20 m breit, bis zu 6,5 m hoch und bestand aus Sand, der mit Soden abgedeckt war. Vor dem Wall erstreckte sich ein V-förmiger Graben, der rund 2 m tief war.
Der Verbindungswall ist auch als Margarethenwall bekannt. Margarethe Sambiria war eine dänische Königin, die von etwa 1230 bis 1282 lebte. Sie hat den Bau des Verbindungswall also nicht veranlasst.
Der Verbindungswall wird durch ein Tal („Busdorfer Schlucht“) unterbrochen. Wenn man dem Wall nach Osten folgt, erreicht man in Busdorf die Straße Bergholm. Diese rechts abbiegen, dann links (auf der Alten Landstraße) die Bahngleise überqueren. Geradeaus geht es weiter in die Straße „Achterwall“ (nicht zu verwechseln mit der Straße „Achter de Wall“ weiter südlich), die einem Abschnitt des Danewerks folgt. Südlich der Grundschule Busdorf liegt der Wallgarten (mit Ehrenmal) zwischen Schulstraße und B 77. Das letzte Stück des Danewerks (siehe Foto oben) endet kurz vor dem Erdwall, der Haithabu halbkreisförmig umgibt.
Haithabu
Auf der Wallkrone spazieren wir gegen den Uhrzeigersinn, bis wir im Süden den Weg erreichen, der Haithabu von Norden nach Süden durchzieht. Wir folgen diesem Weg. Wo heute Rinder auf der Wiese grasen, standen früher die Häuser der Wikingerstadt. Einige sieht man auf der rechten Seite. Wir biegen rechts ab und erreichen sieben rekonstruierte Häuser.
Wikinger gründeten um 770 am Ufer der Schlei die Siedlung Haithabu. Sie liegt etwa in der Mitte zwischen Nord- und Ostsee. Mit einem Wikingerschiff konnte man von der Ostsee über die Schlei bis in den Hafen fahren. Die Siedlung entwickelte sich zu einem bedeutenden Fernhandelszentrum Nordeuropas.
Im Jahr 1050 brandschatzte der Norweger-König Harald der Harte die Stadt. Erhalten hat sich der mächtige Erdwall, der die Siedlung halbkreisförmig umschloss. Die Überlebenden gaben nicht auf und zogen zum gegenüber liegenden Ufer der Schlei: Sliasthorp, das Dorf an der Schlei, trägt heute den Namen „Schleswig“.
Wikingerhäuser in Haithabu
Aufgrund archäologischer Funde hat man sieben Häuser rekonstruiert. Sie sind ausgestattet mit (rekonstruiertem) Mobiliar. Man kann die Häuser betreten. Mitglieder eines historischen Vereins sind in zeitgenössische Kleidung gehüllt und stellen mit den Werkzeugen der Wikingerzeit z. B. Kämme her oder färben Wolle.
Hafenbrücke mit Wikingerboot
Was wäre eine Wikingersiedlung ohne Wikingerboot? Zumindest ein kleines liegt an einem langen Holzsteg. Das rund 6,5 m lange Boot ist eine Rekonstruktion, die man 2008 in der Museumswerft Flensburg baute. Die Werft ist spezialisiert auf Reparatur und Rekonstruktion alter Schiffe. (Webseite: https://museumswerft.de/)
Der Haithabu Rundweg führt von der Häusergruppe zurück zum Nord-Süd-Weg, dem wir nach Norden folgen. Sobald wir den Erdwall erreichen, biegen wir nach Osten ab auf die Straße „Am Haddebyer Noor“. Auf dem Hügel, der sich links des Weges erhebt, befand sich eine Fliehburg.
Wikinger-Museum Haithabu
Das Wikinger-Museum informiert über die Geschichte der Siedlung. In einer Halle ist die „Haithabu 1“ ausgestellt, das Wrack eines Wikingerschiffs. Es war ursprünglich bis zu 32 m lang und diente König Harald beim Angriff als Brandschiff. Das Museum informiert in den anderen Hallen über das Leben der Bewohner*innen, z. B. ihre filigranen Metallarbeiten. Zu sehen sind auch die Runensteine von Haithabu.
Runensteine von Haithabu
Runensteine sind Gedenksteine mit Runenzeichen. Im Wikinger-Museum sind vier Runensteine ausgestellt:
Die zwei Sigtryggsteine stammen aus dem 10. Jahrhundert. Den Auftrag erteilte die dänische König Asfrid Odinkarsdatter (= Tochter des Odinkar), um an ihren Sohn Sigtrygg zu erinnern – mit schwedischen (!) Runen.
Die zwei Svensteine entstanden um das Jahr 1000. König Sven erinnert mit dänischen Runen an zwei Krieger: Erik und Skarthe.
Von Haithabu entlang der Schlei nach Friedrichsberg
Kirche St. Andreas Haddeby
Vom Wikingermuseum führt der Haithabu Rundweg nach Norden. Wir folgen der Straße Am Haddebyer Noor, bis wir den Friedhof mit der Kirche St. Andreas Haddeby erreichen. Sie wurde 1295 erstmals erwähnt. Die Mauern aus Feldstein haben an der Nordseite romanische Rundbogenfenster; an der Südseite setzte man in der Gotik größere Spitzbogenfenster ein. Den Vorbau (1834) entwarf der dänische Architekt Christian Frederik Hansen (1756–1854). Er ist auch der Architekt der Schlosskirche von Christiansborg. Im rustikal wirkenden Innenraum sind der Altar (15. Jh.), die Kreuzigungsgruppe (13. Jh.) sehens- und die Marcussen-Orgel (1844) hörenswert. Webseite: http://www.kirchenkreis-schleswig-flensburg.de/kirchengemeinden/kige.schleswig/kg.haddeby/index.html
Strandweg und Schlei
Wir überqueren die Haddebyer Chaussee (B76) und folgen nun dem Strandweg. Man blickt von dort auf die Schlei mit der Möweninsel und auf Schleswig am Nordufer. Der Strandweg endet am Strandrestaurant Marienbad. Weiter geht es durch die Unterführung unter der B76.
Friedrichsberg
Geradeaus laufen wir auf die Bugenhagenschule zu (benannt nach dem Reformator Bugenhagen, der in UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Wittenberg wirkte). Wir sind nun im Schleswiger Stadtteil Friedrichsberg, benannt nach Herzog Friedrich III. (1597–1659). Vor dem Bach Öhr biegen wir links ab und folgen dem Georg-Pfingsten-Weg bis zur Einmündung in die Friedrichstraße. Wir überqueren die Friedrichstraße, gehen geradeaus und erreichen die Busdorfer Schanze am Busdorfer Teich.
Von Johannes Nielsen: Der Deutsch-Dänische Krieg 1864. Kopenhagen 1991, 8, PD-alt-100, Link
Busdorf Teich
In der Niederung erstreckt sich der Busdorfer Teich, der ursprünglich weiter nach Süden reichte. Noch lange nach der Wikingerzeit war das Gebiet umkämpft: Das Foto zeigt die Busdorfer Schanze mit einem Denkmal für die dänischen Soldaten. Rund 500 deutsche und dänische Soldaten sind dort 1850–51 gefallen. Das Gemälde von Johannes Nielsen zeigt die Schleifung der Busdorfer Schanze. Der Obelisk ist links dargestellt. Wir folgen dem Fußweg im Uhrzeigersinn. Die Straße Kapaunenberg führt zur Kreuzung mit den Straße Husumer Baum und Schulberg.
Dreifaltigkeitskirche Friedrichsberg
Geradeaus steht die Dreifaltigkeitskirche Friedrichsberg (1650–51), ein Werk des Schriftstellers und Diplomaten Adam Olearius (1599–1671), der in der Kirche begraben ist. Er entwarf den Gottorfer Riesenglobus (siehe unten). Wir biegen aber vorher links in die Straße „Husumer Baum“ (K30).
Geradeaus geht’s in die Mansteiner Straße, die zum Hauptbahnhof führt. Dort endet der Haithabu Rundweg. Lohnenswert ist ein Abstecher zu Schloss Gottorf mit dem Neuwerkgarten.
Schloss Gottorf (Abstecher)
Auf einer Insel im Burgsee steht die größte Schlossanlage Schleswig-Holsteins. An der Stelle einer 1161 erstmals erwähnten Burg entstand 1697–1703 das Schloss Gottorf. Architekt war der Schwede Nicodemus Tessin d. J. Das Gebäude beherbergt das Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Schleswig sowie das Archäologische Landesmuseum. (Das Wikingermuseum Haithabu ist eine Zweigstelle des Landesmuseums.) Man kann hier das Bild der Wikingerzeit ergänzen und erweitern:
Nydamboot
Zu den Sehenswürdigkeiten im Archäologischen Landesmuseum zählt das 23 m lange Nydamboot (320 n. Chr.). Es ist also rund 700 Jahre älter als die Haithabu 1. Man entdeckte das Schiff 1863 im Nydam-Moor bei Sønderborg, das 240 bis 400 n. Chr. als Opfermoor diente. Das Ruderboot war ein Truppentransporter für 45 Mann. Es wurde im Moor als Opfergabe versenkt. Ausgestellt sind Ausrüstungen und zwei Moorleichen. Webseite: http://www.schloss-gottorf.de/
Neuwerkgarten
Im Norden der Insel führt die Schlossallee zum Neuwerkgarten mit dem Herkulesteich. Friedrich III. ließ die Barockanlage ab 1637 als einen der ersten Terrassengarten Nordeuropas anlegen. Im Globushaus steht eine Kopie des drei Meter großen Gottorfer Riesenglobus (1650–64; Plan: Adam Olearius; Ausführung: Andreas Bösch). Das Original verbrannte 1747 in St. Petersburg, wurde aber durch Michail Lomonossow rekonstruiert. Die begehbare Hohlkugel hat zwei Funktionen: Außen zeigt sie die Erdoberfläche; die Innenfläche stellt den Sternenhimmel dar.
Danewerk
Der Verbindungwall, den wir zu Beginn besucht haben, ist nur ein kurzer Teil des Danewerks. Informationen über die Geschichte des Danewerks bietet das Danewerk-Museum:
Danewerk-Museum in Dannewerk
In der Gemeinde Dannewerk (1.150 Einw.) befindet sich am Ochsenweg 5 das Danewerk-Museum. Die Schwerpunkte der Ausstellung sind das Danewerk und die Geschichte der dänischen Minderheit in Deutschland. Website: https://www.danevirkemuseum.de/de/startseite/
Warum sind Haithabu und Danewerk UNESCO-Weltkulturerbe?
Die UNESCO hat Haithabu und das Danewerk zum Weltkulturerbe erklärt, weil zwei (von sechs) Weltkulturerbe-Kriterien erfüllt sind (Übersetzung durch das Auswärtige Amt):
„Kriterium (iii): […] Beide Stätten stellen ein herausragendes Zeugnis für Austausch und Handel zwischen Menschen verschiedener kultureller Traditionen in Europa vom 8. bis zum 11. Jahrhundert dar. Aufgrund ihres reichen und außerordentlich gut erhaltenen archäologischen Materials nehmen sie eine Schlüsselstellung in der Interpretation und Erforschung eines breiten Spektrums wirtschaftlicher, sozialer und historischer Entwicklungen in der Wikingerzeit in Europa ein.
Kriterium (iv): […] Die archäologischen Funde weisen auf die Bedeutung von Haithabu und Danewerk als Musterbeispiel für ein urbanes Handelszentrum hin, das innerhalb eines Grenzgebiets am Knotenpunkt der wichtigsten Handelsrouten über Meer und Land vom 8. bis zum 11. Jahrhundert in ein großangelegtes Verteidigungssystem eingebunden ist.“ (Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2256600/37ba2992079191fcfa27f50dcc11a39b/43-haithabu-data.pdf)
Das Danewerk weist den Weg: Im Westen liegt das Weltnaturerbe Deutsches Wattenmeer, das sich von Sylt im Norden bis Borkum im Westen erstreckt. Das Wattenmeer ist das größte Welterbe Deutschlands.
Hansestadt Lübeck
Von Haithabu übernahm Lübeck die Rolle als Drehkreuz des Nordens. Zum Weltkulturerbe zählt die Altstadt Lübeck mit Holstentor, malerischen Altstadtgassen, Budenbrookhaus oder Marienkirche, ein Meisterwerk der Backsteingotik.