UNESCO-Welterbe Kloster & Kirche
UNESCO-Welterbe Kloster & Kirche. Überblick
Zum UNESCO-Welterbe Kloster & Kirche zählen in Deutschland mehrere Sakralbauten (in Klammer Jahr der Erklärung zum UNESCO-Welterbe):
- sieben Kirchen
- Aachener Dom (1978)
- Speyerer Dom (1981)
- Wieskirche in Steingaden (1983)
- Dom St. Mariä Himmelfahrt und Michaeliskirche in Hildesheim (1985)
- Kölner Dom (1996)
- Naumburger Dom (2018)
- drei Klöster und eine Klosterinsel
- Abtei und Altenmünster des Kloster Lorschs (1991)
- Kloster Maulbronn (1992)
- Klosterinsel Reichenau im Bodensee (2000)
- Kloster Corvey bei Höxter (2014)
- zahlreiche Kirchen, Klöster und Kapellen als Teil eines Weltkulturerbes (Auswahl):
- Dom St. Peter und Liebfrauenkirche in Trier (Teile des Welterbes „Römische Bauten, Dom St. Peter und Liebfrauenkirche in Trier“, 1986)
- Mariendom und Burgkloster in Lübeck (Teil des Welterbes „Hansestadt Lübeck“, 1987)
- Bamberger Dom und St. Martin Kirche (Teil des Welterbes „Altstadt von Bamberg“, 1993)
- Stiftskirche von Quedlinburg (Teil des Welterbes „Stiftskirche, Schloss und Altstadt von Quedlinburg“, 1994)
- Schlosskirche und Stadtkirche Wittenberg (Teile des Welterbes „Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg“, 1996)
- Regensburger Dom und Schottenkirche (Teil des Welterbes „Altstadt Regensburg mit Stadtamhof“, 2006)
- St. Annenkirche in Annaberg- Buchholz und Freiberger Dom (Teile des Welterbe „Montanregion Erzgebirge“, 2019)
Inhalt
- 1 UNESCO-Welterbe Kloster & Kirche. Überblick
- 2 UNESCO-Welterbe Kirche
- 3 UNESCO-Welterbe Kloster
- 4 Kirchen, Klöster und Kapellen als Teil eines Weltkulturerbes
- 4.1 Dom St. Peter & Liebfrauenkirche Trier
- 4.2 Kloster Walkenried
- 4.3 Regensburger Dom St. Peter & Schottenkloster
- 4.4 Mariendom & Burgkloster (Lübeck)
- 4.5 Hallenkirchen im Erzgebirge: St. Annenkirche und Freiberger Dom
- 4.6 Bamberger Dom & Jesuitenkirche St. Martin
- 4.7 Berliner Dom
- 4.8 Russisch-orthodoxe Sakralbauten
- 5 Kirchen, Klöster und Kapellen als Kandidaten für das UNESCO-Weltkulturerbe
- 6 Sakralbauten der Moderne
- 7 Kirchen & Klöster des UNESCO-Welterbes im Ausland
UNESCO-Welterbe Kirche
Die Kirchen des UNESCO-Welterbes sind nicht repräsentativ für den Gesamtbestand der Kirchengebäude in Deutschland. Zu den sieben Welterbe-Kirchen zählen vier aktuelle und eine ehemalige Bischofskirche (Kathedrale) sowie eine Wallfahrts- und eine Pfarrkirche. Der katholischen Kirche gehören fünf Gebäude, der evangelischen zwei. Mit Aachener Dom und Liebfrauenkirche (siehe unten) sind zwei der in Deutschland seltenen Zentralbauten vertreten. Von den Baustilen fehlen Renaissance, Klassizismus und Moderne.
Aachener Dom
Der katholische Aachener Dom war Krönungsstätte deutscher Könige und Kaiser. Er gilt als bedeutendstes Bauwerk der Karolingerzeit. Sehenswert ist der wertvolle Domschatz mit der Karlsbüste.
- Stil: karolingisch (Pfalzkapelle), Gotik (Chor)
- Ort: Aachen (Nordrhein-Westfalen)
Dom St. Mariä Himmelfahrt in Hildesheim
Der katholische Hildesheimer Dom beherbergt Meisterwerke ottonischer Kunst: die Bernwardstür und die Christussäule. Im Kreuzgang wächst der Tausendjährige Rosenstock. In der evangelischen Michaeliskirche hat sich eine riesige Holzdecke erhalten.
- Stil: Ottonik
- Ort: Hildesheim (Niedersachsen)
Speyerer Dom
Der katholische Speyerer Dom ist die größte Kirche der Romanik und Grabstätte salischer Kaiser. Die Einwölbung des Hauptschiffs war bahnbrechend für den Sakralbau. Sehenswert sind die Krypta und die geschichtsträchtige Speyerer Altstadt.
- Stil: Romanik
- Ort: Speyer (Rheinland-Pfalz)
Naumburger Dom
Der evangelische Naumburger Dom war bis 1564 Bischofskirche. Der frühgotische Westchor mit den ausdrucksstarken Stifterfiguren ist das Werk des Naumburger Meisters. Sehenswert ist die Naumburger Altstadt.
- Stil: Romanik, Gotik
- Ort: Naumburg (Sachsen-Anhalt)
Kölner Dom
Der Kölner Dom ist eine der größten und bedeutendsten Kathedralen der Gotik. Die Bauarbeiten dauerten von 1248 bis 1880. Vorbild war die Kathedrale von Amiens (UNESCO-Welterbe). Die Kirche besitzt eine wertvolle Ausstattung, z. B. den goldenen Dreikönigenschrein oder das funkelnde Richterfenster.
- Stil: Gotik
- Ort: Köln (Nordrhein-Westfalen)
Wieskirche
In schöner Landschaft steht die katholische Wieskirche. Sie ist eine Wallfahrtskirche und gilt als Meisterwerk des Rokoko. Den hellen Innenraum schmücken Skulpturen und farbenfrohe Deckengemälde der Gebrüder Zimmermann.
- Stil: Rokoko
- Ort: Steingaden (Bayern)
UNESCO-Welterbe Kloster
Klöster waren nicht nur Unterkünfte frommer Menschen, sondern auch Lehr- und Forschungszentren des Mittelalters – lange vor Gründung der ersten Universitäten. Dem Adel dienten Klöster außerdem als Versorgungsanstalten für Töchter und zweitgeborene Söhne. Durch Schenkungen reich geworden, waren manche Klöster Großgrundbesitzer mit erheblichem wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Von den vier Klosteranlagen, die zum UNESCO-Welterbe in Deutschland zählen, gehörten
- drei dem Benediktinerorden. Benedikt von Nursia gründete 529 das Kloster auf dem Monte Cassino in Italien. Die Regel „Ora et labora“ (Bete und arbeite) wurde im Laufe der Zeit oftmals ignoriert.
- eine der Zisterzienserorden. Der Benediktiner Robert von Molesme gründete 1098 das Kloster Cîteaux in Burgund – als Reaktion auf die Missstände in den Benediktinerklöstern. Zisterzienserklöster wurden meist in abgelegenen Tälern errichtet. Die Architektur sollte möglichst einfach sein, z. B. verzichtete man auf Glockenturm, Krypta und Bauschmuck. Zisterzienserkirchen sind erkennbar am Chorabschluss: Er ist weder rund noch vieleckig, sondern gerade.
Kloster Lorsch
Von dem bedeutenden Kloster Lorsch hat sich wenig erhalten: Klostermauern, Nebengebäude und ein Teil der Kirche. Die Lorscher Torhalle gilt als Kleinod der karolingischen Baukunst.
- Stil: Karolingisch
- Ort: Lorsch (Hessen)
- Orden: Benediktiner, Prämonstratenser (ab 1248)
Kloster Maulbronn
Das besterhaltene Zisterzienserkloster des Mittelalters liegt im Salzachtal: Hinter turmbewehrten Klostermauern gruppieren sich Wirtschaftsgebäude, Kirche und der sehenswerte Klausurkomplex. Vor den Mauern legten die Mönche einen Staudamm und mehrere Fischteiche an.
- Stil: Romanik, Gotik
- Ort: Maulbronn (Baden-Württemberg)
- Orden: Zisterzienser
Klosterinsel Reichenau
Im Bodensee liegt die Klosterinsel Reichenau mit der bedeutenden Benediktinerabtei Reichenau, zwei alten Kirchen (St. Georg; St. Peter und Paul), Schlössern und einer Burgruine. Zum Weltkulturerbe zählt die gesamte Insel Reichenau.
- Stil: Karolingisch
- Ort: Reichenau (Baden-Württemberg)
- Orden: Benediktiner
Kloster Corvey
In Corvey befindet sich das besterhaltene Westwerk der Karolingerzeit. Die übrige Klosteranlage ist ein Barockwerk mit einer großen Privatbibliothek, die Heinrich von Fallersleben betreute. Kloster Corvey
- Stil: Karolingisch
- Ort: Höxter (Nordrhein-Westfalen)
- Orden: Benediktiner
Kirchen, Klöster und Kapellen als Teil eines Weltkulturerbes
In den Altstädten und Siedlungen, die zum Weltkulturerbe zählen, stehen zahlreiche Sakralbauten (siehe auch Kategorie Stadt & Siedlung).
Im Unterschied zu den Benediktinern und Zisterziensern, die eher in der Abgeschiedenheit siedelten, findet man in Städten Klöster der vier großen Bettelorden (Dominikaner, Franziskaner, Karmeliten und Augustiner). Sie entstanden im 13. Jh. und suchten gerade die Nähe der Menschen, um ihnen zu predigen, sie zu unterrichten oder der Inquisition zu unterziehen.
Dom St. Peter & Liebfrauenkirche Trier
Dom St. Peter und die benachbarte Liebfrauenkirche bilden ein beeindruckendes Ensemble. Trier ist die älteste Bischofsstadt nördlich der Alpen; die Liebfrauenkirche, erbaut ca. 1230–60, ist eine der frühesten gotischen Kirchen in Deutschland. Beide Kirche bilden mit den römischen Baudenkmälern in Trier ein Weltkulturerbe. (Die Altstadt Trier zählt nicht dazu.)
Kloster Walkenried
Kloster Walkenried im Südharz ist – nach dem Mutterkloster Kamp (NRW) – das zweitälteste Zisterzienserkloster Deutschlands. Es wurde 1129 gegründet und 1546 aufgelöst. Die Mönche waren neben der Landwirtschaft im Bergbau tätig und trugen u. a. durch ausgeklügelte Wasserwirtschaftssysteme zur Weiterentwicklung des Bergbaus bei. Vom Reichtum des Klosters zeugt der zweischiffige Kreuzgang.
Kloster Walkenried ist Teil des UNESCO-Welterbes „Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft“.
Regensburger Dom St. Peter & Schottenkloster
Zum Weltkulturerbe „Regensburger Altstadt mit Stadtamhof“ zählen zwei Sakralbauten:
- Der Regensburger Dom (erbaut 1275, vollendet 1869) ist die bedeutendste gotische Kirche Bayerns mit wertvollen Glasfenstern des Mittelalters.
- Das Schottenkloster St. Jakob (gegründet um 1070) war Ausgangspunkt für die zweite Missionierungswelle durch iro-schottische Benediktinermönche: die Christianisierung Bayerns und Österreichs.
In der Altstadt befinden sich zahlreiche weitere Kirchen, Klöster und Kapellen.
Mariendom & Burgkloster (Lübeck)
In Lübeck, der Königin der Hanse, befinden sich zahlreiche Backsteinkirchen und -klöster.
- Der Mariendom im Süden der Altstadt gilt als eine der bedeutendsten Backsteinkirchen Nordeuropas: Die Kirche mit dem höchsten Backsteingewölbe der Welt diente als Vorbild für viele Kirchen im Ostseeraum. Sie wurde 1265–1351 erbaut, 1942 zerstört und 1947–59 wieder aufgebaut.
- Das Burgkloster im Norden der Altstadt war ein 1229 gegründetes Dominikanerkloster an der Stelle einer Burg.
Hallenkirchen im Erzgebirge: St. Annenkirche und Freiberger Dom
Im Erzgebirge wurden nach Silberfunden im Spätmittelalter mehrere Städte gegründet. Das Welterbe „Montanregion Erzgebirge“ umfasst nicht nur bedeutende Zeugnisse des Berg-, sondern auch des Kirchenbaus: die obersächsischen Hallenkirchen.
- Der Freiberger Dom, an der Stelle eines abgebrannten Vorgängerbaus ab 1484 errichtet, ist äußerlich eher unscheinbar, besitzt aber eine reiche Ausstattung: Die Goldene Pforte (1225) ist das erste Skulpturenportal Deutschlands; die Tulpenkanzel (um 1510) ist ein filigranes Meisterwerk der Bildhauerei.
- Zu den damals modernsten Kirchen zählt die St. Annenkirche, erbaut 1499–1525. Sie ist eine der bedeutendsten spätgotischen Sakralbauten Deutschlands, berühmt für das prächtige Gewölbe (vgl. das Gewölbe im Mariendom) und den Bergaltar.
Weitere Hallenkirchen sind die Marienkirche in Marienberg und die St. Wolfgangskirche in Schneeberg.
Bamberger Dom & Jesuitenkirche St. Martin
- Der Bamberger Dom auf einem Hügel der Bergstadt ist ein Kaiserdom mit einem Papstgrab.
- Die St. Martin Kirche (1686; Weihe 1693) ließ der Jesuitenorden errichten. Vorbild für die Fassade war die Mutterkirche des Orden, Il Gesù in Rom. Der 1540 durch Ignatius von Loyola gegründete Jesuitenorden spielte in Europa eine führende Rolle während der Gegenreformation (ab 1545). Der Baumeister, Georg Dientzenhofer, entstammt einer bedeutenden Baumeisterfamilie Dientzenhofer. Sie erbaute rund 250 Kirchen, Klöster oder Schlösser in Süddeutschland, Böhmen und Schlesien.
Berliner Dom
Der Berlin Dom (erbaut 1894–1905) steht auf der Museumsinsel, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Hohenzollerngruft im Untergeschoss gilt als eine der bedeutendsten königlichen Grablegen Europas. Hier ruhen in prächtigen Sarkophagen über 90 Hohenzollern. Mehr erfahren zum Weltkulturerbe Museumsinsel.
Russisch-orthodoxe Sakralbauten
Zum Welterbe in Deutschland zahlen auch einige Sakralbauten der Ostkirche. Sie werden jeweils als „Russische Kapelle“ bezeichnet. Klein wie eine Kapelle sind sie lediglich im Vergleich zu Sakralbauten der Westkirche. Die riesigen Dimensionen westeuropäischer Kathedralen sind der Ostkirche – von Ausnahmen abgesehen – fremd.
- Eine kleines Schmuckstück ist die Kirche Hl. Maria Magdalena im Zentrum des UNESCO-Welterbes „Künstlerkolonie Mathildenhöhe Darmstadt„. Auftraggeber war der russische Zar Nikolaus II. Für die Besuche in der Heimat seiner Frau, Alix von Hessen-Darmstadt, wünschte er eine russisch-orthodoxe Kapelle. Sie wurde 1897–99 nach Plänen von Léon Benois, eines Russen mit französischen Wurzeln, erbaut.
- Von Benois stammt auch der Entwurf für die russisch-orthodoxe Allerheiligen-Kirche (erbaut 1896–99) im Kurort Bad Homburg vor der Höhe (Hessen; ehemaliger Kandidat für das UNESCO-Welterbe „Bedeutende europäische Bäder“).
- Auch im Kurort Bad Ems an der Lahn (Rheinland-Pfalz; Welterbe „Bedeutende Kurstädte Europas„) gibt es eine „Russische Kapelle“: die Kirche St. Alexandra. Sie wurde 1874–76 für russische Kurgäste erbaut.
Weitere Beispiele für orthodoxe Kirchenbauten als Teil eines UNESCO-Welterbes sind die Alexander-Newski-Gedächtniskirche in Potsdam (1826–29 erbaut für russischen Gefangenenchor; https://r-o-k.de/) und die Hl-Maria-Magdalena-Kirche auf dem Historischen Friedhof Weimar (1860–62 erbaut als Grabkirche für die russische Großfürstin Maria Pawlowna). Für die Grabkirche karrte man Erde aus der Nähe von St. Petersburg heran, damit eine Bestattung in russischer Erde möglich war (https://www.klassik-stiftung.de/fuerstengruft/).
Kirchen, Klöster und Kapellen als Kandidaten für das UNESCO-Weltkulturerbe
Zu den aktuellen und ehemaligen Kandidaten für das UNESCO-Welterbe zählen auch etliche Kirchen und Klöster.
Aktuelle Kandidaten für das UNESCO-Weltkulturerbe
Zu den aktuellen Kandidaten zählen folgende Sakralbauten:
- der Kirchensaal der Brüdergemeinde in Herrnhut
- die Schlosskapelle in Torgau
- das Augustinerkloster in Erfurt
Kirchsaal in Herrnhut
Die Herrnhuter Brudergemeinde ist benannt nach dem sächsischen Ort Herrnhut. Dort befindet sich bis heute der Sitz der Glaubensgemeinschaft. Im Ortszentrum steht der Kirchensaal der Brudergemeinde (erbaut 1756, zerstört 1945, wieder aufgebaut 1951–53). Charakteristisch ist der ganz in Weiß gehaltene Innenraum, den Kerzen erhellen.
In Dänemark zählt die Herrnhuter-Siedlung Christiansfeld bereits zum UNESCO-Welterbe. Sie soll durch Herrnhut und zwei weitere Siedlungen ergänzt werden.
Schlosskapelle & Augustinerkloster
Die Schlosskapelle von Schloss Hartenfels in Torgauer wurde 1543 bis 1544 erbaut und durch Luther geweiht. Sie wird auch als „erster protestantischer Kirchenneubau der Welt“ bezeichnet. Auf jeden Fall würde sie das Welterbe in Deutschland um einen Sakralbau der Renaissance bereichern.
Luther wohnte von 1505 bis 1511 im Augustinerkloster in Erfurt.
Die Schlosskapelle mitsamt Schloss, das Augustinerkloster und andere Gebäude sind als Erweiterung des Welterbes „Luthergedenkstätten“ geplant.
Ehemalige Kandidaten für das UNESCO-Weltkulturerbe
Im Folgenden seien von den zahlreichen ehemaligen Kandidaten für das UNESCO-Welterbe zwei vorgestellt, die bislang unterrepräsentierte Typen religiöser Stätten vertreten.
Frankfurter Paulskirche
Die Frankfurt Paulskirche wurde 1783–1833 an der Stelle einer Bettelordenkirche erbaut (Architekt: Johann Friedrich Christian Hess). Es handelt sich um einen Sakralbau des Klassizismus. Diese Epoche folgt auf Barock und Rokoko (Wieskirche), dauerte von etwa 1770 bis 1840 und wurde vom Historismus (z. B. Berliner Dom) abgelöst. Bislang sind klassizistische Sakralbauten im Welterbe in Deutschland unterrepräsentiert.
Von 1848–49 war die Paulskirche Sitz des ersten deutschen Parlaments, die Frankfurter Nationalversammlung. Sie verabschiedete 1849 die Paulskirchenverfassung (auch: Frankfurter Reichsverfassung), die erste Verfassung eines demokratischen Deutschlands.
Externsteine
In und auf den Externsteinen im Teutoburger Wald lebten im Mittelalter wahrscheinlich Eremiten. Die Externsteine sind in zweifacher Hinsicht eine Besonderheit:
- Kirchen und Klöster sind Werke der Architektur. Die Höhlen in den Externsteine sind hingegen primär Werke der Natur.
- Klöster sind Orte für das Gemeinschaftsleben; die Höhlen waren Behausungen für Einsiedler.
Zu den wenigen Spuren, die den Eremiten zugeschrieben werden, zählen ein Felsengrab und das größte Freilandrelief Europas: das 5,5 m hohe Kreuzabnahmerelief am Grottenfelsen (wohl 12. Jh.). Die Externsteine waren 1984–1996 Kandidat für das UNESCO-Weltnaturerbe und zählen seit 2006 zu den Nationalen Geotopen (https://www.geoakademie.de/geotope).
Sakralbauten der Moderne
Der Sakralbau der Moderne ist im UNESCO-Welterbe in Deutschland bislang nicht gelistet, obwohl nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs landesweit zahlreiche Kirchen neu erbaut wurden. Auch qualitativ ist der moderne Sakralbau gut vertreten, ein Beispiel ist die Wallfahrtskirche von Gottfried Böhm.
Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens
Die Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens (kurz: Mariendom) in Neviges (NRW) wurde 1965 bis 1968 erbaut. Sie gilt als Hauptwerk des Architekten Gottfried Böhm (1920–2021), der weltweit zu den bedeutendsten Architekten zählt. 1986 erhielt er den Pritzker-Preis, das ist quasi der „Nobelpreis der Architektur“.
Die Wallfahrtskirche in Neviges ist ein riesiger Betonbau auf unregelmäßiger Grundfläche mit einem zerklüfteten Betondach. Der spärlich belichtete Innenraum fasst 3.000 Personen. Böhm nutzt die Möglichkeiten des Werkstoffs Stahlbeton (beliebige Formen, große Spannweite), ohne allerdings – wie manche gotischen Baumeister – die Grenzen des statisch Machbaren auszureizen. Als ein Beispiel für den modernen Sakralbau, der zum UNESCO-Welterbe zählt, sei eine Kirche im Ausland herausgegriffen, die fast ein Gegenentwurf zum Mariendom ist:
Kathedrale von Brasília
Die Hauptstadt Brasiliens, Brasília, wurde von Oscar Niemeyer und Lúcio Costa am Reißbrett geplant. Zu den zahlreichen Neubauten in der sehr weitläufigen Stadt zählt die Kathedrale von Brasília (erbaut 1958–70). Die kreisrunde Kirche ist ein Sakralbau der Moderne aus den bevorzugten Werkstoffen unserer Zeit: Stahlbeton und Glas. Der Beton nimmt nicht die Form einer grauen Raumhülle an, sondern ist ein filigranes und völlig regelmäßiges Gerüst für die Glasflächen, die den Innenraum belichten. Brasília wurde 1987 zum UNESCO-Welterbe erklärt.
Übrigens ist die Neue Gedächtniskirche am Kürfürstendamm in Berlin (1959–61; Architekt: Egon Eiermann) ein Beispiel für einen Kirchenbau, der zwischen Böhms und Niemeyers Bauten steht.
Kirchen & Klöster des UNESCO-Welterbes im Ausland
Aus der großen Anzahl von Sakralbauten des UNESCO-Welterbes im Ausland sei eine sehr kleine Anzahl von Welterbestätten ausgewählt. Sie stehen für Kirchen- und Klostertypen, die im UNESCO-Welterbe in Deutschland nicht vertreten sind:
- Wehrkirchen und Kirchenburgen
- Felsenkirchen
- Holzkirchen
- Fachwerkkirchen
- Einsiedeleien
Kirchenburgen
Im rumänischen Siebenbürgen gibt es rund 150 Wehrkirchen bzw. Kirchenburgen (Liste). Sieben „Dörfer mit Kirchenburgen in Siebenbürgen“ wurden für das UNESCO-Welterbe ausgewählt (https://whc.unesco.org/en/list/596).
Eine dieser Kirchenburgen steht in Deutsch-Weißkirch/Viscri (siehe Foto). Die Kirche ist von einer Mauer mit Türmen umgeben. Der Kirchturm ist ein bergfriedartiger Wohnturm. Andere Kirchenburgen boten Hunderten von Bauernfamilien Schutz und waren weit größer.
Felsenkirchen
Im Ausland zählen einige unterirdische Kirchen und Felsenkirchen zum UNESCO-Welterbe:
- Die sogenannten „Katakomben von Salzburg“ beim Petersfriedhof sind Höhlen im Festungsberg von Salzburg. Sie sind Teil des UNESCO-Welterbes „Historisches Zentrum der Stadt Salzburg„.
- Die elf äthiopisch-orthodoxen Felsenkirchen von Lalibela in Äthiopien wurden im 12. Jh. aus dem Sandstein gemeiselt. Das Foto zeigt die kreuzförmige Biete Ghiorgis. Die Felsenkirchen wurden bereits 1978 zum Welterbe erklärt (https://whc.unesco.org/en/list/18).
Holzkirchen
Ursprünglich gab es in Europa weit mehr Holzkirchen als heute; sie wurden im Laufe der Zeit durch Steinbauten ersetzt. Zu den Holzkirchen zählen:
- die Stabkirchen. Stäbe sind die (in die Erde eingrabenen) Außenpfosten des Traggerüsts.
- die Mastenkirchen. Masten sind nicht eingegraben, sondern stehen auf einem Schwellenkranz im Innenraum.
Die Stabkirche Urnes ist bekannt für die wertvollen Holschnitzereien des Nordportals. Die Kirche wurde um 1100 erbaut und gilt als älteste Stabkirche der Welt. (Die älteste Holzkirche der Welt ist allerdings die um 1000 erbaute St. Andrew’s Church in England.) Die Stabkirche Urnes zählt seit 1979 zum UNESCO-Welterbe in Norwegen (https://whc.unesco.org/en/list/58). Dort haben sich noch rund 30 mittelalterliche Stabkirchen erhalten.
Eine neuzeitliche Stabkirche steht im Harz: die Gustav-Adolf-Stabkirche (erbaut 1907–08) in Hahnenklee-Bockswiese, ein Ortsteil von Goslar (UNESCO-Welterbe).
Fachwerkkirchen
In Polen zählen zwei Fachwerkkirchen in Jauer (1655) und Schweidnitz (1657) zum UNESCO-Welterbe (https://whc.unesco.org/en/list/1054). Die evangelischen Kirchen mussten innerhalb eines Jahres ohne Verwendung von Stein erbaut werden. Die Friedenskirche Zur heiligen Dreifaltigkeit in Schweidnitz ist die größte Fachwerkkirche Europas. Sie bietet ca. 7.500 Personen Platz.
Kartause von Padua
Für Mönche und Nonnen gibt es zwei grundlegende Lebensformen:
- Leben in Gemeinschaft (Koinobitentum). Die architektonische Entsprechung ist das Kloster.
- Leben in Zurückgezogenheit (Einsiedelei). Im Extremfall lebt eine Person alleine fernab der Zivilisation in einer Eremitage.
Die meisten Mönche und Nonnen in Westeuropa lebten in Gemeinschaft und somit in Klöstern. Eine Ausnahme bildet der Kartäuserorden, den der heilige Bruno von Köln 1084 gründete. Die Kartäuser*innen kombinieren Einsiedelei und Leben in Gemeinschaft: Jede(r) wohnt in einem eigenen Häuschen mit Garten, die an einem Kreuzgang aneinandergereiht sind. Ein Beispiel ist die 1306 gegründete Kartause von Padula in Süditalien (UNESCO-Welterbe seit 1998; http://whc.unesco.org/en/list/842). Den größten Kreuzgang der Welt (12.000 m²) umgeben auf drei Seiten die Wohnhäuser der Mönche.